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Ebbe und FlutWas hat der Massedipol mit den Gezeiten zu tun? |
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Der Massedipol im inhomogenen Schwerefeld
Der Massedipol ist hier eine idealisierte Hantel: Zwei Punktmassen jeweils der Masse m seien durch einen masselosen, starren Stab der Länge 2l verbunden. Diese Hantel bewege sich in einem inhomogen Schwerefeld, hier in der des Heimatplaneten Erde. |
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Die Hantel im Schwerefeld |
Die Newton'sche Bewegungsgleichungen für die Hantel im Schwerefeld sind: Die beiden Hantelmassen fungieren als Probeteilchen, ihre Wirkungen auf die Masse M werden vernachlässigt m<<M. |
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Desweiteren muss eine Zwangsbedingung erfüllt werden: |
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Mit einer modifizierten Zwangsbedingung könnte man ein Seil mit Kugelenden beschreiben: |
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Die aus der Zwangsbedingung resultierenden Zwangskräfte sind: Der Langrange'sche Multiplikator λ, der orts-, geschwindigkeits- und zeitabhängig sein kann, muss bestimmt werden. |
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Das führt zu den Langrangegleichungen der ersten Art: |
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Der Schwerpunkt der beiden Massen liegt in der Mitte des starren, masselosen Stabes: |
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Die Relativkoordinaten bezogen auf den Schwerpunkt sind: |
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Aus der Zwangsbedingung folgt: Die Massepunkte bewegen sich in Kreisbahnen um den Schwerpunkt. |
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Für rS >> l darf man approximieren: n = 1,2,3,.. Das Dach kennzeichnet den Einheitsvektor. |
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Man erhält die genäherten Bewegungsgleichungen: Der Schwerpunkt bewegt sich also angenähert im freien Fall – auf geodätischen Kurven - im Schwerefeld der Masse M. |
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Aus der Zwangsbedingung folgte . Hiermit lässt sich der Langrange'sche Multiplikator bestimmen zu: |
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Der erste und der zweite Term in der Differentialgleichung für r verschwindet jeweils mit der dritten Potenz von rS. Die Schwerkraft selbst verschwindet ja mit der zweiten Potenz von rS. |
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Der erste Term steht für die Wirkung des Gradienten der Schwerkraft, die zugeordneten Kräfte üben ein Drehmoment auf die Hantel aus. Der dritte Term steht für die Zenripetalkraft. Der zweite und dritte Term halten die beiden Massen an den Enden der Hantel im Abstand 2l und auf Kreisbahnen mit dem Radius l um den Schwerpunkt rS. Je nach den gewählten Anfangsbedingungen ist die Flugbahn des Schwerpunktes eine Parabel oder eine Ellipse. Der Schwerpunkt bewegt sich auf einer geodätischen Flugbahn, für die Hantelmassen gilt das nur (angenähert), wenn der Winkel ψ=0 ist. |
Der Drehimluls ist: Die gemischten Terme fallen heraus. Der Schwerpunkt bewegt sich in einer Ebene. |
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Das Gesamtdrehmoment MD auf die Hantel ist (D steht für Dipol): Das Drehmoment verschwindet für die beiden Fälle (ψ=½π) und (ψ=0) – das sind die beiden stabilen Gleichgewichtslagen für die Hantel. |
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Drehmoment an der Hantel gegen Winkel Psi |
Eine Hantel fliegt in 500 km Höhe um die Erde, die beiden Hantelmassen von je 5 kg sind 30 km voneinander entfernt. Der Winkel ψ ist definiert durch . Das maximal wirksame Drehmoment beträgt 4150 Nm, die angeifende Gesamtkraft ist dann 0,28 N. Zum Vergleich: Auf eine Masse von 10 kg wirkt an der Erdoberfläche eine Kraft von 98,1 N. Ist die Hantel anfänglich um einen kleinen Winkel aus einer der Gleichgewichtslagen ausgelenkt, so wird die Hantel zu schwingen beginnen, um langsamer werdend hin und her zu schwingen, bis sie in der Gleichgewichtslage zur Ruhe kommt. Anmerkung: Im SI-Einheitensystem hat die Kraft die Einheit Newton. Das ist die Kraft, die einer Masse von einem Kilogramm eine Beschleunigung von einem Meter pro Quadratsekunde verleiht. |
Dem Drehmoment MD ist ein Wirkkräftepaar KD und -KD zugeordnet, die beiden Kräfte greifen jeweils an den Hantelmassen an: |
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KD und -KD sind sind sogenannte Gezeiten- oder Tidenkräfte, die mit der dritten Potenz des Abstandes abnehmen. Ursächlich für diese Kräfte sind die Inhomogenitäten des Kräftefeldes, die auf einen ausgedehnten starren Körper wirken. Die beiden Kräfte üben eine Zugspannung auf den Hantelstab aus, die von diesem absorbiert wird. Ein Beispiel: Gerät ein Komet zu nahe an eine große Masse, etwa an die des Jupiters, so kann es den Kometen zerreißen, wie es dem Kometen Shoemaker-Levy im Jahre 1992 passierte. Ich wähle nun Anfangsbedingungen, so dass (ψ≡0) ist, die Hantel ist also anfäglich in Richtung der Schwerkraft ausgerichtet. Und ich denke mir den starren Verbindungsstab ersetzt durch eine Spiralfeder. Was wird passieren? |
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An der oberen Masse greift die Kraft KD an, an der unteren die Kraft -KD: die Hantelmassen streben auseinander, die Feder wird gedehnt! |
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Und wenn man nun mit einem Fingerschnipp Stab oder Feder entfernen könnte? Die obere Hantelkugel bewegt sich auf ihrer (erzwungenden) Bahn mit der Tangentialgeschwindigkeit des Schwerpunktes 15 km oberhalb des Schwerpunktes, eine freie, ungebundende Masse würde sich auf dieser Bahn langsamer bewegen. Wird nun der Hantelstab entfernt, so wird die kleine radiale Kraft KD die Hantelmasse auf eine höhere, nun geodätische Bahn 'heben', auf der sich die Hantelmasse im freien Fall, also schwerelos bewegt. Entsprechendes gilt 'umgekehrt' für die untere Hantelkugel, sie wird eine Flugbahn unterhalb ihrer bisherigen ansteuern. In freier Improvisation sei das Geschehen hier bebildert: |
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Die befreiten Hantelmassen |
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Ebbe und Flut
Wo ist im obigen Geschehen nun Ebbe und Glut zu sehen, was hat der Massedipol mit den Gezeiten zu tun? Man ersetzte die obige Erde durch den Mond (oder auch die Sonne) - und die Hantel durch die Erde; die Erde denkt man sich meinetwegen aus Hanteln aufgebaut, wie auch immer, darauf kommt es nicht so sehr an: |
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Auf der dem Mond zugewandten Erdseite wirkt eine Gezeitenkraft KD und auf der mondabgewandten Erdseite die Kraft (-KD). Es gibt daher auf der wasserreichen Erde zwei Flutberge. |
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ME ist die Erdmasse, RME der Abstand von Mond und Erde und RE der Erdradius, m ist eine Testmasse 1 kg. Die betragsmäßge Gleichheit der beiden Kräfte gilt mit der oben gemachten Annahmen (m<<M, rS>>l), die aber für das System Erde Mond schon einer kleinen Anpassung bedürften. Immerhin: Der gemeinsame Schwerpunkt von Erde und Mond liegt noch gut im Erdinnern. Das qualitative Bild ist stimmig und die Gezeiten vor Ort, also der Tidenhub wird ja vor allem durch die lokalen Gegebenheiten bestimmt. Auch die Sonne liefert ihren verstärkenden und schwächenden Beitrag zu den Gezeiten, der große Sonnenabstand – die dritte Potenz! - drückt ihn auf immerhin noch 43% vom Mondbeitrag. |
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Der Erdmond in Jupiternähe
Ich bugsiere den Erdmond in Jupiternähe. Die für die Erde, den Erdmond und den Planeten Jupiter benutzen Daten sind: Der im Diagramm verwendete Abstand ist der Abstand der Mondoberfläche von der Oberfläche des Jupiters. |
Massen
Durchmesser
Gravitationskonstante |
Die eingezeichnete Gezeitenkraft bezieht sich auf die Kraft KD im (anfänglichen) Abstand von 400000 km: KD(400000 km) = 9,10 10+26 N Bezogen auf die Mondmasse ergeben diese Kräfte auf der Vorder- und Rückseite des Mondes jeweils eine Beschleunigung von gut 3450 km/Std, in entgegen gesetzter Richtung! Es würde den Mond wohl schon hier auseinander reißen - oder? Eine richtige Simulation müsste her ... Im System Erde – Mond sind es nur knapp 17 km/Std, die auf den Mond wirken, der Wert wirkt doch noch überschaubar. |
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Gezeitenkräfte am Erdmond in Jupiternähe |
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Ein rasanter Anstieg! Der halbe Abstand, die achtfache Wirkung, alles zerbröselt in kleinste Stücke. Wie gesagt, Bezugswert für die Ordinatenwerte ist der KD-Wert für 400000 km. |
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Wo steht die Sonne und der Mond im Zenith?
Eine Anwendung des Werkzeugs SciLab mit CelestLab
Länge und Breite sind eigentlich nicht nötig ... |
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Ich möchte mir einen aktuellen Überblick über die globale Gezeitenlage verschaffen. Wo bilden sich also gerade auf der Erde die Flutberge aus? Dazu muss ich die Richtungen kennen, in denen Sonne und Mond von der Erde aus stehen, oder anders formuliert: ich muss die Schnittpunkte kennen, in denen sich die Verbindungsgeraden Erde - Sonne und Erde – Mond jeweils mit der Erdoberfläche schneiden, oder aber: ich muss herausfinden, an welchen Orten der Erde Sonne und Mond jeweils im Zenith stehen. Mit »CelestLab« ist das relativ schnell erledigt. Weil ich mich nicht mit drei Dimensionen herum schlagen wollte, habe ich eine (nicht ganz so anschauliche) flache Kartendarstellung gewählt. |
'S' (dunkelorange) und 'M' (kastanienbraun) kennzeichnen die Orte auf der Erde, an denen Sonne oder Mond zum gegebenen Datum im Zenith stehen, 'M' (hellviolett) markiert den Gegenpol zu 'M' (kastanienbraun). 'O' (grün) ist mein nicht an einer Küste gelegener und daher gänzlich unbedeutender Referenzort. Sonne und Mond bewegen sich auf der Karte nach Westen. Dem Bild nach müsste gerade nahezu Neumond sein, eine Springflut steht also an. Die Summe der Kräfte von Sonne und Mond ergibt eine Flut mit zwei Kämmen, deren Lage von der jeweiligen Stellung von Sonne und Mond abhängt. Der mondseitige Flutberg befindet sich nicht direkt 'unter' dem Mond, sondern - der zwischen Wasser und Erde wirkenden Reibungskräfte wegen – auf der Karte etwas östlich vom Mond 'M' (kastanienbraun). Der mondabseitige Flutberg befindet sich auf der Karte etwas östlich vom Mond 'M' (hellviolett). |
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Sonne und Mond stehen hier im Zenith |
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Datum 22. Juni 2014 11:24 (TREF) |
Ort |
Sonne |
Mond |
Einen Tag später |
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Datum 23. Juni 2014 11:23 (TREF) |
Ort |
Sonne |
Mond |
Man erkennt die Eigenbewegung des Mondes. Und die Tage werden kürzer! Eine Frage: Wie erkennt man die Mondphasen aus der Karte? |
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Einige Tage später - Neumond |
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Datum 23. Juni 2014 11:23 (TREF) |
Ort |
Sonne |
Mond |
Vierzehn Tage später - Halbmond |
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Datum 06. Juli 2014 11:22 (TREF) |
Ort |
Sonne |
Mond |
Noch später - Vollmond |
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Datum 12. Juli 2014 11:22 (TREF) |
Ort |
Sonne |
Mond |
Ich habe die Zenithstellungen mit dem Astronomie-Werkzeug »Stellarium« überprüft und mir den Sternenhimmel an den berechneten Orten angeschaut. An dem angegebenen Ort steht in der Tat die Sonne hoch oben im Zenith. Wer hat das je schon gesehen? Und der Mond ist auch nicht weit weg, in Winkelgrößen gemessen. |
Die Sonne steht im Zenith |
An dem angegebenen Ort steht in der Tat der Mond hoch oben im Zenith. Ich habe den Mond noch nie da stehen sehen. |
Der Mond steht im Zenith |
Und auch der Mond zeigt mir das gewünschte Gesicht. Brav. |
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Fast ein Neumond! |
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Der SciLab-Quellcode
Der SciLab-Quellcode - als pdf-Datei zum Anschauen und gezippt für den Handwerker |
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© 2014 Bernd Ragutt Alle Rechte vorbehalten |
letzte Änderung: 13. August 2015 Kruschtkiste |
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